Cannabis am Arbeitsplatz: Was Arbeitgeber jetzt für den Arbeitsschutz wissen müssen
Seit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) im April 2024 herrscht in vielen deutschen Unternehmen Unsicherheit. Die teilweise Legalisierung des privaten Konsums wirft komplexe Fragen für den betrieblichen Alltag auf: Darf ein Mitarbeiter in der Mittagspause kiffen? Wie reagiere ich als Führungskraft auf auffälliges Verhalten? Und was sagt eigentlich die Berufsgenossenschaft dazu? Als Ihre Experten von Secutelli aus Sulzbach (Taunus) bringen wir Licht ins Dunkel. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie das Cannabis Arbeitsschutzgesetz-Konfliktfeld rechtssicher navigieren, warum die DGUV-Vorschriften weiterhin streng bleiben und wie Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung anpassen müssen.
Die Rechtslage: Privat legal, im Betrieb tabu?
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass die Legalisierung im Privatbereich automatisch Freiheiten am Arbeitsplatz schafft. Das Gegenteil ist der Fall: Das Arbeitsrecht und der Arbeitsschutz stehen über dem privaten Konsumrecht, wenn Sicherheit gefährdet ist. Zwar gibt es im Arbeitsschutzgesetz kein explizites „Cannabis-Verbot“ per se, aber die allgemeinen Pflichten greifen hier grell und deutlich.
Das Fundament bildet die DGUV Vorschrift 1 („Grundsätze der Prävention“). Hier sind zwei Paragrafen entscheidend:
- § 15 (Pflichten der Versicherten): Beschäftigte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, in dem sie sich selbst oder andere gefährden können.
- § 7 (Befähigung): Der Unternehmer darf Versicherten, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, diese Arbeit nicht übertragen.
Im Klartext bedeutet dies: Wer berauscht ist – egal ob durch Alkohol oder Cannabis – hat an Maschinen, auf Leitern oder am Steuer nichts verloren. Hier gelten die DGUV Cannabis Regeln analog zu den bekannten Regelungen für Alkohol: Sicherheit hat absolute Priorität.
Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung anpassen
Für Arbeitgeber bedeutet die neue Gesetzeslage, dass sie proaktiv handeln müssen. Der Konsum von Cannabis wirkt sich anders aus als Alkohol. Die Reaktionszeit kann verzögert sein, die Konzentration lässt nach, und die Risikoeinschätzung sinkt. Dies muss in der Gefährdungsbeurteilung, insbesondere für gefahrgeneigte Tätigkeiten (Gabelstaplerfahrer, Maschinenbediener, Dachdecker), berücksichtigt werden.
Wir empfehlen dringend, eine klare betriebliche Regelung zu schaffen. Ein bloßes Vertrauen auf den „gesunden Menschenverstand“ reicht nicht aus. Erstellen oder aktualisieren Sie Ihre Betriebsvereinbarung zum Thema Suchtmittel. Viele Unternehmen suchen nach einem Betriebsanweisung Suchtmittel Muster. Ein solches Muster sollte idealerweise ein absolutes Konsumverbot auf dem Betriebsgelände und während der Arbeitszeit (inklusive Pausen) festlegen. Dies schafft Rechtssicherheit für Vorgesetzte und Klarheit für die Belegschaft. Ohne ein explizites Verbot („0,0-Promille-Grenze“ äquivalent für THC) bewegen Sie sich in einer arbeitsrechtlichen Grauzone.
Arbeitsunfall unter Drogeneinfluss: Wer haftet?
Ein Horrorszenario für jeden Unternehmer ist ein schwerer Arbeitsunfall, bei dem sich nachträglich herausstellt, dass der Verursacher unter dem Einfluss von Cannabis stand. Hier drohen ernste Konsequenzen beim Versicherungsschutz. Grundsätzlich sind Beschäftigte über die Berufsgenossenschaft (BG) versichert. Ein Arbeitsunfall unter Drogeneinfluss kann jedoch dazu führen, dass die BG Leistungsansprüche prüft und gegebenenfalls Regress beim Unternehmer nimmt, wenn dieser seine Aufsichtspflicht grob fahrlässig verletzt hat (z.B. wenn der Mitarbeiter offensichtlich berauscht arbeiten durfte).
Für den Arbeitnehmer selbst kann der Versicherungsschutz (Wegeunfall oder Arbeitsunfall) komplett entfallen, wenn der Rausch die alleinige wesentliche Ursache für den Unfall war (sogenannte „Lösung vom Versicherungsschutz“).
Handlungshilfe für Führungskräfte
Vorgesetzte sind oft unsicher, wie sie reagieren sollen. Wichtig ist das Prinzip der Fürsorge: Wenn Sie Anzeichen für eine Beeinträchtigung wahrnehmen (gerötete Augen, verlangsamte Sprache, Cannabisgeruch), müssen Sie handeln. Sie dürfen keine medizinische Diagnose stellen, aber Sie müssen den Mitarbeiter zum Schutz vor sich selbst und anderen von der Arbeit freistellen. Dokumentieren Sie diese Wahrnehmungen genau (am besten mit einem Zeugen).
Wie secutelli Unternehmen in Hessen bei diesem Thema unterstützt
Die Einführung des Cannabisgesetzes stellt viele Betriebe vor organisatorische Herausforderungen. Secutelli unterstützt Unternehmen in Hessen und im Rhein-Main-Gebiet pragmatisch, rechtskonform und effizient dabei, die Auswirkungen der neuen Gesetzeslage präzise zu beurteilen. Wir helfen Ihnen, Ihre Arbeitsschutzorganisation optimal an die neuen Gegebenheiten anzupassen und Risiken durch gezielte Präventionsmaßnahmen zu minimieren. Unser Ansatz umfasst die Überarbeitung interner Prozesse und Betriebsanweisungen sowie die Durchführung spezialisierter Schulungen für Sicherheitsbeauftragte und Führungskräfte, damit diese Anzeichen von Konsum sicher erkennen und rechtssicher handeln können. Mit unserer individuellen Beratung bringen wir Klarheit in die neuen Anforderungen und sorgen dafür, dass Ihr Betrieb nicht nur sicher, sondern auch juristisch gut aufgestellt bleibt.
Haben Sie Fragen zur Umsetzung in Ihrem Betrieb? Kontaktieren Sie uns jetzt für ein unverbindliches Erstgespräch.
Häufig gestellte Fragen
Darf der Arbeitgeber Drogentests anordnen?
Grundsätzlich nein. Drogentests greifen tief in das Persönlichkeitsrecht ein. Sie sind nur in sehr engen Ausnahmen und meist nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Mitarbeiters oder auf Basis einer strengen Betriebsvereinbarung bei extrem gefahrenträchtigen Tätigkeiten zulässig. Ein Generalverdacht rechtfertigt keinen Test.
Ist Kiffen in der Pause erlaubt?
Wenn der Arbeitgeber kein explizites Verbot für das Betriebsgelände ausgesprochen hat, ist der Konsum in der Pause theoretisch Privatsache – ABER: Der Mitarbeiter muss nach der Pause wieder arbeitsfähig sein. Da die Wirkung von Cannabis lange anhält, führt Konsum in der Pause faktisch fast immer zur Arbeitsunfähigkeit gemäß DGUV V1. Ein betriebliches Verbot schafft hier die nötige Klarheit.
Was gilt für medizinisches Cannabis?
Hier gelten Sonderregeln. Mitarbeiter, die Cannabis auf Rezept einnehmen („Patienten“), dürfen unter Einfluss arbeiten, sofern ihre Fahrtauglichkeit und Arbeitsfähigkeit ärztlich bestätigt ist. Dennoch muss auch hier eine individuelle Gefährdungsbeurteilung erfolgen, ob die spezifische Tätigkeit (z.B. Steuern von Maschinen) sicher ausgeführt werden kann.
Wie erkenne ich Cannabis-Einfluss bei Mitarbeitern?
Typische Anzeichen können gerötete Augen (Bindehaut), verlangsamte Reaktionen, Koordinationsstörungen, auffällige Heiterkeit oder auch ein süßlicher Geruch sein. Wichtig: Als Vorgesetzter müssen Sie nicht beweisen, dass Drogen im Spiel sind, sondern nur feststellen, dass der Mitarbeiter nicht imstande ist, seine Arbeit sicher auszuführen.
