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Gefahrstoffbeurteilung selbst: Leitfaden, Fachkunde & Tipps

von Nov. 18, 2025

Gefahrstoffbeurteilung selbst erstellen: Fachkunde & Leitfaden für Unternehmen

Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen mit Gefahrstoffen ist eine Pflichtaufgabe, die jedes Unternehmen, in dem mit chemischen Stoffen, Dämpfen oder Stäuben gearbeitet wird, regelmäßig und sorgfältig durchführen muss. Die Kernfrage vieler Betriebe in Hessen lautet: Muss ich für diese komplexe Aufgabe externe Spezialisten beauftragen oder kann ich die Gefahrstoffbeurteilung selbst erstellen? Die Antwort liegt in der Definition der **Fachkunde** – sie ist der Schlüssel zur rechtlichen Absicherung.

Dieser Leitfaden von secutelli.de beleuchtet, welche Sach- und Fachkenntnisse gefordert sind, wer die Beurteilung intern vornehmen darf und wie Sie dabei Schritt für Schritt vorgehen, um die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu erfüllen.

1. Die gesetzliche Anforderung: Sachkunde und Fachkunde

Nach § 6 GefStoffV muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Beurteilung nur von fachkundigen Personen durchgeführt wird. Der Begriff „fachkundig“ ist dabei umfassender als bloße „Sachkunde“.

Was ist Sachkunde?

Unter Sachkunde versteht man in der Regel ein grundlegendes Wissen über die allgemeinen Gefahren und den sicheren Umgang mit bestimmten Stoffen. Ein Mitarbeiter, der eine einfache Unterweisung erhalten hat, kann als sachkundig gelten.

Was ist Fachkunde?

Die Fachkunde geht weit darüber hinaus. Sie setzt sich aus drei wesentlichen Wissensbereichen zusammen:

  • Chemisch-toxikologische Kenntnisse: Tiefes Verständnis der Gefahrenmerkmale, der potenziellen Gesundheitsrisiken und der Expositionsgrenzwerte (z. B. AGW).
  • Verfahrens- und Betriebskenntnisse: Wissen, wie die Gefahrstoffe im betrieblichen Prozess eingesetzt werden, welche Mengen freigesetzt werden können und welche Arbeitsverfahren die Exposition beeinflussen.
  • Gesetzliche und technische Kenntnisse: Beherrschung der Gefahrstoffverordnung, der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) und der relevanten nationalen und EU-Vorschriften.

Eine Person gilt dann als fachkundig, wenn sie die Kombination dieser Kenntnisse durch Ausbildung, Berufserfahrung und regelmäßige Fortbildung nachweisen kann. Diese Kompetenz ist entscheidend, wenn Sie die Gefahrstoffbeurteilung selbst erstellen möchten.

2. Wer darf die Beurteilung im Unternehmen durchführen?

Die Verantwortung liegt immer beim Arbeitgeber. Er kann jedoch fachkundige Personen mit der Durchführung beauftragen. Dies können sein:

  • Der Arbeitgeber selbst: Wenn er die oben genannten Fachkenntnisse besitzt (eher selten in komplexen Betrieben).
  • Die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa): Sie ist oft eine zentrale Anlaufstelle, muss aber chemische Zusatzqualifikationen besitzen.
  • Der Betriebsarzt: Er bringt die toxikologische Expertise ein, benötigt aber betriebliche Kenntnisse.
  • Speziell geschulte Mitarbeiter: Mitarbeiter mit entsprechender Ausbildung (z. B. Chemiker, Laboranten, speziell geschulte Meister) und langjähriger Erfahrung.

Bei der Beurteilung komplexer Risiken ist eine Zusammenarbeit verschiedener interner Experten (Sifa, Betriebsarzt, Führungskraft) oft notwendig, um die geforderte Gesamt-Fachkunde abzudecken.

3. Der Leitfaden: So erstellen Sie die Beurteilung selbst

Um die Gefahrstoffbeurteilung selbst erstellen zu können, muss der Prozess strukturiert in sieben Schritten ablaufen. Die Einhaltung dieser Schritte gewährleistet die Konformität mit der GefStoffV:

Schritt 1: Erfassung der Gefahrstoffe und des Risikokatasters

Legen Sie das Gefahrstoffverzeichnis an. Erfassen Sie alle Stoffe, deren Kennzeichnung, die verwendeten Mengen und die Arbeitsbereiche. Dokumentieren Sie die Gefahreninformationen aus den Sicherheitsdatenblättern.

Schritt 2: Ermittlung der tatsächlichen Exposition

Analysieren Sie die Art, Dauer und Häufigkeit des Kontakts der Mitarbeiter mit dem Gefahrstoff. Wird der Stoff nur gelagert, oder wird er verdampft, versprüht oder verarbeitet (was zu einer höheren inhalativen Exposition führt)?

Schritt 3: Risikobewertung und Klassifizierung

Bewerten Sie das Risiko. Hier helfen oft die Einfachen Maßnahmenkonzepte (EMKG) der Berufsgenossenschaften, die eine schnelle Risikoeinschätzung bei einfachen Prozessen ermöglichen. Bei komplexen Prozessen oder Stoffen mit hohem Gefahrenpotenzial (z. B. krebserzeugende Stoffe) ist die Risikobewertung nur durch Experten möglich.

Schritt 4: Festlegung von Schutzmaßnahmen nach STOP

Leiten Sie die notwendigen Maßnahmen ab. Hier gilt zwingend die Rangfolge des STOP-Prinzips (Substitution, Technische Maßnahmen, Organisatorische Maßnahmen, Persönliche Schutzmittel). Priorisieren Sie immer die Substitution oder technische Lösungen (Absaugung).

Schritt 5: Dokumentation und Betriebsanweisungen

Fassen Sie die gesamte Beurteilung schriftlich zusammen. Erstellen Sie klare, verständliche und tätigkeitsbezogene Betriebsanweisungen auf Basis der festgelegten Schutzmaßnahmen. Eine lückenlose Dokumentation ist bei behördlichen Prüfungen essenziell.

Schritt 6: Wirksamkeitsprüfung und Messungen

Überprüfen Sie, ob die Maßnahmen wirken. Bei erhöhter Exposition oder wenn die Einhaltung der Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) nicht sicher ist, müssen Expositionsmessungen durch akkreditierte Messstellen veranlasst werden. Dies kann das Unternehmen nicht selbst leisten.

Schritt 7: Schulung und Aktualisierung

Unterweisen Sie alle betroffenen Mitarbeiter anhand der Betriebsanweisungen. Aktualisieren Sie die gesamte Beurteilung unverzüglich bei Änderungen im Arbeitsverfahren oder bei neuen gesetzlichen Erkenntnissen.

4. Grenzen der Eigenleistung: Wann Sie externe Fachleute hinzuziehen sollten

Die Eigenleistung zur Gefahrstoffbeurteilung stößt an ihre Grenzen, wenn die Fachkunde des internen Personals für die Komplexität der Stoffe oder Prozesse nicht ausreicht. Dies ist insbesondere der Fall bei:

  • Umgang mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoffen (CMR-Stoffe).
  • Prozessen, die zu unkontrollierten Freisetzungen führen können (z. B. Notfallpläne).
  • Notwendigkeit von messtechnischen Nachweisen der Exposition.
  • Fehlender aktueller Kenntnis der neuesten TRGS oder Gesetzesänderungen.

In diesen Fällen gewährleistet die Hinzuziehung externer, spezialisierter Fachkräfte die notwendige **Rechtssicherheit**.

Wie secutelli Unternehmen in Hessen bei diesem Thema unterstützt

Als spezialisierte Arbeitssicherheitsberatung mit Sitz in Sulzbach am Taunus (Hessen) ist secutelli Ihr Partner, um die geforderte Fachkunde bei der Gefahrstoffbeurteilung sicherzustellen. Wir unterstützen Unternehmen pragmatisch, rechtskonform und effizient dabei, die Komplexität von Gefahrstoffprozessen zu beurteilen, die Arbeitsschutzorganisation optimal anzupassen und Risiken zu minimieren. Wir helfen bei der Erstellung des Gefahrstoffkatasters und der Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen. Darüber hinaus verbessern wir interne Prozesse zur Dokumentation, führen gezielte Schulungen für Sicherheitsbeauftragte und Führungskräfte durch, um die interne Fachkunde zu stärken, und bringen mit individueller Beratung Klarheit in die Anforderungen der GefStoffV. So wird Ihre Gefährdungsbeurteilung nicht nur gesetzeskonform, sondern dient aktiv dem Schutz Ihrer Mitarbeiter.

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Möchten Sie sicherstellen, dass Ihre interne Gefahrstoffbeurteilung selbst erstellen von einer ausreichenden Sach- und Fachkunde getragen wird? Kontaktieren Sie secutelli für eine persönliche Beratung in Hessen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Unterschied zwischen Sachkunde und Fachkunde bei Gefahrstoffen?

Sachkunde ist ein grundlegendes Wissen über den Umgang mit Stoffen (z. B. durch Unterweisung). Fachkunde ist ein umfassendes Wissen aus chemisch-toxikologischen, betrieblichen und gesetzlichen Bereichen, das zur eigenständigen, rechtskonformen Beurteilung von Risiken notwendig ist.

Wer ist im Unternehmen für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich?

Die letztendliche Verantwortung trägt der Arbeitgeber. Er muss jedoch sicherstellen, dass die Durchführung der Beurteilung an fachkundige Personen delegiert wird, was die Sifa, der Betriebsarzt oder entsprechend qualifiziertes internes Personal sein kann.

Wann muss ich externe Hilfe für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen mit Gefahrstoffen hinzuziehen?

Externe Hilfe ist dringend notwendig, wenn die interne Fachkunde für hochkomplexe Stoffe (z. B. CMR-Stoffe), unbekannte Expositionssituationen oder zur Durchführung zwingend erforderlicher Expositionsmessungen nicht ausreicht. Sie gewährleistet die Rechtssicherheit.

Sebastian Klawonn